Werkgruppe Achromes

Werkgruppe: Achromes - oder oberflächlich betrachtet weiß

In den Bildern und Reliefs dieser Werkgruppe habe ich stets mit dem gleiche Weißton gearbeitet. Lediglich strukturierte Oberflächen und unterschiedliche Beleuchtungssituationen führen zu feinen Nuancen und Veränderungen im Farbton. Die Reduktion auf das Weiß, als eine Antwort auf unsere mit Bildern überladene Umwelt, soll beim Betrachter den Blick für diese Nuancen schärfen. Die weißen Flächen können aber auch als Meditationsflächen dienen und Ruhe verbreiten. Obwohl ich mich in diesen Arbeiten auf kunsthistorische Vorbilder wie die Gruppe ZERO beziehe, geht es mir eher um die Bearbeitung der Oberflächen und die dadurch hervorgerufenen Lichtbrechungen, als um die Symbolik der Farbe.
Achrom oder monochrom? Da monochrome Arbeiten oft noch Abstufungen innerhalb einer Farbe beinhalten und Weiß, wenn nicht als Nichtfarbe, so doch zumindest als unbunte Farbe gilt, erschien mir der Begriff achrom treffender.

Pressetext: Weißes Paradies der Ruhe

Eva Wilckes exklusive Begegnung mit einer Nichtfarbe

Ist Weiß eigentlich eine Farbe? Physikalisch gesehen keineswegs, da ist es wesentlich mehr als das: Ein Prisma zerlegt farbloses Licht in rotes, orangefarbenes, gelbes, grünes und violettes Licht. Weiß ist also die Summe aller Farben des Lichts.

"Achromes" oder " Oberflächlich betrachtet weiß" ist der doppeldeutige Titel einer Ausstellung, die vorgestern im Raum für Kunst im Kötterhagen eröffnet wurde und nur eine Woche (bis einschließlich 18.November) zu sehen ist. Die Paderborner Künstlerin Eva Wilcke zeigt in ihrer ersten Einzelausstellung ausschließlich Weißes, und die exklusive Begegnung mit der "Nichtfarbe" zeigt auf den ersten Blick, dass Weiß nicht farblos ist. Wir sehen Weiß, und wir verbinden mit Weiß Gefühle und Eigenschaften, die wir keiner Farbe zuschreiben. Das viele Weiß wirkt sofort: Der für eine Woche weiße Raum für Kunst erscheint uns plötzlich klinisch rein, doppelt so groß, leerer und vor allem wesentlich kälter als es der momentanen Witterung entspricht. An der Decke wabert weiße Fallschirmseide, leuchtende weiße Kerzen auf der Fensterbank, daneben weiße Rosen, eine weiße Gipshand, aus deren Fingern blanke Nägel ragen. Doch rotes Blut fließt nicht. Weiß bedeckt Papier, Raufaser, Stoff und Leinwand. "Oberflächlich betrachtet: weiß".

Dabei ist diese weiße Welt recht bunt. Das weiche Weiß des Hühnereis im Relief korrespondiert mit strahlend weißer Leinwand, lichtweiße Quadrate schimmern auf normalweißer Fläche. Die "Farbpalette" reicht von "Meister Proper Weiß" bis zu gemütlich warmen Cremetönen. Alles reduziert sich auf Nuancen, doch die ausschließliche Wahrnehmung der "Nichtfarbe" lässt uns plötzlich mehr sehen und erkennen.

Es gibt viel zu fantasieren über diese scheinbare Abwesenheit von Farbe. Doch Hinweise auf esoterische Dogmen wie Weiß als Hinweis auf Universelles liegen Eva Wilcke fern. Die weißen Wirkungen sind recht handfest: Weiß regt an, schärft die Sinne und macht dennoch auf meditative Weise ruhig. Ein weißes Paradies mitten in der Konsumhektik der Innenstadt.

Eva Wilcke ist nicht die Erste, die sich mit der Gestaltungskraft der "Farbe der Unschuld" auseinandergesetzt hat. Doch die vielseitige Auswahl der Materialien und die eigenwillige Einbeziehung des Raumes zeigen künstlerische Individualität und Experimentierfreude. Die Werke tragen keine Namen, um die Fantasie des Betrachters nicht zu sehr zu gängeln.

Die Ausstellung ist bis zum 18. November täglich geöffnet von 15-18 Uhr- Eva Wilcke ist an allen Nachmittagen anwesend.

Neue Westfälische vom 12.11.1999